Aisha Franz & Zoë Claire Miller – Jeck loss Jeck Elans

19.03. – 15.04.17
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Brunnen-CPR, Zerrinnerungen, Fließendes.

Die „Wasserkinetische Skulptur“ des 2016 verstorbenen Kölner Bildhauers Wolfgang Göddertz, im Volksmund oftmals „Nagelbrunnen“ genannt, entstand schon sieben Jahre vor Einweihung des Ebertplatzes 1977.

Göddertz kam auf die Idee der Gestaltung des Brunnens als er beim Geschirrspülen, in einem verträumten Moment, beobachtete wie das fließende Wasser von der konvexen Fläche eines Löffels reflektiert wurde. Kinder und Passanten sollten sich am begehbaren Wasserspiel erfreuen. Doch der Brunnen wurde nach kurzer Laufzeit anno ’77 wegen eines Pumpendefekts stillgelegt und dominiert seitdem den Erbertplatz wie ein Mahnmal der urbanistischen Dysfunktionalität. Zeit seines Lebens kämpfte der Künstler erfolglos dafür, dass die Stadtverwaltung das nötige Geld investiere, den Brunnen wieder zum fließen zu bringen.

Aisha Franz und Zoë Claire Miller entwickelten die Ausstellung „Jeck loss Jeck elans“ kollaborativ. Z. C. Miller zeigt im linken Teil des Dyptichons einen Miniaturbrunnen, der eine Para-Homage an Göddertz’ „Wasserkinetische Skulptur“ darstellt und gleich des bedauernswerten Originals tatsächlich anfangs funktionierte, allerdings nun wegen eines Defekts nicht wieder zum sprudeln gebracht werden kann. Der phallische Aspekt des monumentalen Edelstahlkonstrukts wird in Millers Reanimation demontiert und in organischeren, quirligen Formen neu zusammengesetzt, als Bozzetto in rosa. Die skalierte Keramik erinnert an ein architektonisches Modell; wie eine Skizze zur Erinnerung an den Brunnen, wenn dieser sich selbst weniger ernst hätte nehmen wollen, sich etwa freiwillig anstatt widerwillig „UFO-Brunnen“, „Nagelbrunnen“ oder „Waschmaschine“ hätte nennen lassen.

Im rechten Teil des Dyptichons ist im Vordergrund ein Backlitfoliendruck einer Zeichnung der Comicautorin Aisha Franz direkt auf die Scheibe montiert. Diese zeigt eine Sequenz mit einem eierköpfigen Protagonisten. In ihre eigene Träne transformiert, stürzt die Figur an sich selbst herab, und löst sich in einem Becken von Tränen auf.

Durch eine Aussparung in der Nase dieser Figur sieht man den verzerrten Raum hinter der Erzählung. Das Tränenauge als Portal gibt einen Blick frei auf zwei allegorisch eingebundene Löffel. Die verschiedenen Ausstellungselemente von Franz und Miller deuten einen sanften Nachruf an die ursprünglichen Intentionen von Göddertz an, und bilden damit ein temporäres Minidenkmal für gescheiterte Vorhaben und Visionen im allgemeinen.

Die Wechselwirkung zwischen Skulptur und Zeichnung sowie Wasserfluss und -stillstand unterstreichen die immanenten Diskrepanzen zwischen Idee und Realität von Kunst im öffentlichen Raum, Schaffungswillen und bürokratischer Verhinderung, Tränen und anderen Tropfen. “That which the fountain sends forth returns again to the fountain.”

Aisha Franz
*1984, Fürth, Deutschland
A. Franz ist Comiczeichnerin und Illustratorin. Sie lebt und arbeitet in Berlin.
http://www.fraufranz.com

Zoë Claire Miller
*1984, Boston, Massachusetts, USA
Ist Bildhauerin und freie Kuratorin. Sie lebt und arbeitet in Berlin.
http://www.zoemiller.eu