Nicolas Pelzer – Nervous Pickers

14.02. – 11.04. 2021

Nicolas Pelzer – Nervous Pickers

Nicolas Pelzer Nervous Pickers

Exhibition Text by Leonie Döpper *scroll down for German*

In front of us two giant tooth picks, abstracted through size, revealing their surface structure. Nicolas Pelzer’s technique here is connecting to an earlier piece in which he scaled a set of clipped fingernails and as such emphasizes and exposes more of what they are. This time, the size of the scaled object which Pelzer calls magnification abstraction possesses the size of a human. Traces of a human in this ob- or abject are also visible in almost an intrusive manner through the surface structure of the original chewed tooth picks that once were a scan. This might translate the users’ original sentiment into an object-performance: a nervous chew. The shape seems passively stamped into but is actually actively 3D-printed throughout the tooth pick. A medical 3D-scanner has precisely picked up the microscopic objects’ peculiarities: An involved process of a thing being chewed-touched-used, touched-seen-produced and articulated carefully by a machine. Finally in solid form, the objects do not suggest developing their own life. Rather being tied to the wall, brutally exhausting the space inside the U-Bahn-station’s window, the shiny white surface standing out from the monochromatic red holders and background. 

Walter Benjamin offers a surprising reading of the early version of Mickey Mouse. While in daytime, we are bored and exhausted with and by industrial society, in our dreams, we are able to see technology performing as something spontaneous, even ironic. Mickey mouse is such dream material, in which nature and culture become one in an array of unforeseen events in which lifeless and living things interplay within mickey’s own body. Mickey Mouse for Benjamin is an example of what humans would resemble as soon as they would have merged with technology. As such they would be the next version of the relation of technology and the human, which he understands as deeply social and a potential field for experimentation. Technology’s current form might make us sleep through the day, but in our dreams, another technology-relation is already articulating: objects possess their own kind of agency and humans interact with objects in an erratic way that reaches beyond utilitarian thinking.

Pelzer’s amplification of a minor but acute remnant of a movement could easily be an object in a dream, but its’ as solid as it could be. While the process of producing might remind the viewer of what Benjamin said about mickey mouse, nervous pickers points to an almost intimidating robustness and helpless fragility at the same time. A little bit like the hidden nervousness of a cowboys’ chewing of a tooth pick in his way of suggesting: I’m unconcerned.

Nicolas Pelzer Nervous Pickers left

Vor uns zwei riesige Zahnstocher, abstrahiert durch ihre Größe, die ihre Oberflächenstruktur hervorhebt. Nicolas Pelzers Vorgehensweise hier ist verbunden zu einer früheren Arbeit in der er geschnittene Fingernägel skaliert hat um sie zu betonen und herauszustellen, was sie sind. Diesmal besitzt das skalierte Objekt die Größe eines Menschen, Pelzer versteht dies als Vergrößerungsabstraktion. Spuren eines Menschen in diesem Ob- oder Abjekt sind in einer fast zudringlichen Weise durch die Oberflächenstruktur des ursprünglichen gekauten Zahnstochers sichtbar. Vielleicht übersetzen diese Skalierungen durch ihre Sperrigkeit das ursprüngliche Gefühl des Nutzers in eine Objekt-Performance: ein nervöses Kauen. Die glänzende Oberfläche des Zahnstochers und seine Form lassen es unerreichbar wirken. Sie ist scheinbar passiv geprägt, tatsächlich aktiv mit einem medizinischen 3D-Scanner gedruckt, der mikroskopische Objekte genau erfassen kann. Ein erfinderischer Prozess, der ein Ding angefasst-gesehen-produziert von dem ursprünglichen Zahnstocher der gekaut-angefasst-benutzt wurde um sich dann vorsichtig durch eine Maschine selbst zu formulieren. Die solide Form am Ende des Prozesses entwickelt allerdings nicht ihr eigenes Leben. Stattdessen ist sie an die Wand des Ubahn-Station-Schaukastens gebunden, in der sie brutal den eigenen Raum ausreizt. Die scheinend weiße Oberfläche sticht dabei aus dem monochromatischen roten Hintergrund und der Halterung hervor.

Walter Benjamin schreibt in seinen Gedanken über das Kino der Mickey Mouse als Vermittlerfigur zwischen Technik und Natur eine besondere Rolle zu. Während die Industriegesellschaft uns aus Langeweile und Erschöpfung durch den Tag schlafen lässt träumen wir von Technologien die etwas spontanes, und sogar ironisches haben können. In den frühen Mickey Mouse-Folgen werden Natur und Kultur eins in einem spielerischen Verschmelzen von unvorhersehbaren Ereignissen in denen Leblose und Lebendige Dinge in Mickeys eigenem Körper zusammenspielen. Benjamin stellt sich vor, dass Menschen ihr ähneln würden, sobald sie mit Technologie verschmolzen sind. So wären sie die nächste Version der Beziehung von Technologie und humans, die er als durchweg sozial versteht. Vielleicht führt Technologie in ihrer jetzigen Form uns dazu, durch den Tag zu schlafen, aber in diesem Traum artikuliert sich schon jetzt ein neues Objektverhältnis: Objekte besitzen ihre eigene Form der Handlungsfähigkeit und Menschen interagieren mit Objekten in einer Weise, die hinter utilitaristisches Denken greift.  

Pelzers Betonen eines kleinen aber dringlichen Bewegung könnte ohne Weiteres ein Objekt aus einem Traum sein, aber robuster könnte es kaum sein. Während der Produktionsprozess an Benjamins Ausführungen über Mickey Mouse erinnert, weist nervous pickers als Endprodukt eher gleichzeitig auf eine fast einschüchternde Robustheit und eine hilflose Fragilität hin. Ähnlich der versteckten Nervösität des Zahnstocherkauen des Cowboys, das Unbekümmertsein vermittelt. 

Nicolas Pelzer Nervous Pickers Installation View

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